Spielerschutz beim Online-Glücksspiel ist individuell und dadurch sehr effektiv

03. Mai 2021

Wie Spielerschutz und Prävention im Online-Glücksspielmarkt aussehen werden, erklärt DOCV-Präsident Dr. Dirk Quermann.

Der Schutz Minderjähriger und gesperrter Spieler be­ginnt beim Online-Spiel mit der Authentifizierung und Identifizierung. Welche Voraussetzungen stellt der Ge­setzgeber an die Online-Anbieter? Was müssen entspre­chende Systeme leisten können?
Die notwendige Registrierung beim Online-Spiel trägt wesentlich dazu bei, Minderjährige und gesperrte Spieler zu schützen, da diese kein Spielkonto anlegen können. Identifizierung bedeutet die Prüfung der Identi­tät des Spielers. Ein Spielkonto lässt sich nämlich nur mit einem amtlichen Dokument einrichten. Die Authen­tifizierung hingegen stellt bei jeder Anmeldung sicher, dass tatsächlich nur derjenige spielt, der über das Spiel­konto verfügt. Hierbei erfolgt auch ein Abgleich mit dem bundesweiten anbieter- und spielformübergreifenden Sperrsystem Oasis.

»Es ist wissenschaftlich belegt, dass ein verpf‍lichtendes, individuelles und vom Spieler selbst zu bestimmendes Einzahlungslimit viel wirkungsvoller für die Reflexion des eigenen Spielverhaltens ist als ein pauschal festgesetztes Limit.«

Der neue Glücksspielstaatsvertrag sieht ein anbieterübergreifendes Einzahlungslimit für Online-Glücksspiel vor. Dieses darf „grundsätzlich“ 1.000 Euro im Monat nicht übersteigen. Für wie sinnvoll halten Sie vor dem Hintergrund des Spielerschutzes Limit-Regelungen im Allgemeinen und diese im Speziellen?
Die Einrichtung von Limits ist beim Online- Glücksspiel ein gängiges Instrument. Es ist allerdings wissenschaftlich belegt, dass ein verpflichtendes, indivi­duelles und vom Spieler selbst zu bestimmendes Einzah­lungslimit viel wirkungsvoller für die Reflexion des eige­nen Spielverhaltens ist als ein pauschal festgesetztes Limit. Zudem zeigen die Erfahrungen aus anderen euro­päischen Ländern, dass ein anbieterübergreifendes Li­mit nicht notwendig ist. Anbieterbezogene Limits rei­chen aus. Auf den Aufbau der nun notwendigen komplexen Infrastruktur hätte also verzichtet werden können.

»Es gibt hocheffiziente Monitoring-Systeme, die den Nutzer bei Bedarf zur Reflexion seines Spielverhaltens auffordern. Sie werden auch genutzt, um eine mögliche Spielsucht frühzeitig zu erkennen.«

Die Anbieter von Online-Glücksspiel werden Sozialkon­zepte erarbeiten müssen. Inwiefern unterscheiden sich Sozialkonzepte für den terrestrischen Bereich von denen für den Online-Bereich?
Neben dem Einsatz von kompetentem und regel­mäßig geschultem Personal funktionieren Spielerschutz und Suchtprävention beim Online-Glücksspiel zusätzlich technisch – und dadurch höchst individuell und effektiv. Es gibt hocheffiziente Monitoring-Systeme, die den Nut­zer bei Bedarf zur Reflexion seines Spielverhaltens auf­fordern. Sie werden auch genutzt, um eine mögliche Spielsucht frühzeitig zu erkennen.

Voraussetzung für einen guten Spielerschutz ist die Ka­nalisierung in den regulierten Markt. Welche Regelungen des neuen Staatsvertrags stellen Ihrer Einschätzung nach die größten Gefahren für eine erfolgreiche Kanalisi­sierung dar?
Das Regulierungsziel muss ein zeitgemäßes, star­kes, legales Online-Angebot sein. Andernfalls wandern die Verbraucher in den Schwarzmarkt ab. Doch es gibt gleich eine ganze Reihe von Regelungen im Staatsver­trag, die dem Ziel entgegenstehen. So soll es für Online-Casinospiele wie Roulette oder Black Jack (Länder-)Mo­nopole geben, was in der digitalen Welt natürlich absurd ist und auf wenig Verständnis beim Verbraucher stoßen wird. Wir brauchen auch hier ein Erlaubnismodell. Au­ßerdem brauchen wir eine Besteuerung, die die Kanali­sierung fördert, statt sie zu behindern. Und, ein grund­sätzliches Problem: die Fülle der Detailregelungen. Dem dynamischen Online-Glücksspiel-Markt wird nur eine entsprechend dynamische Regulierung gerecht. Die ha­ben wir momentan noch nicht.

Der technische Aufwand, der nach dem neuen Staats­vertrag für den Spielerschutz betrieben werden muss, ist enorm. Steht hier überhaupt das Ziel – der Spielerschutz – noch im Verhältnis zu den Mitteln?
Spielerschutz ist ein wichtiges Anliegen des DOCV und seiner Unternehmen. Wir tun viel für einen umfas­senden Spielerschutz und zwar aus Überzeugung. We­sentliche Mittel sind aus unserer Sicht das Oasis-Sperr­system, der revisionssichere Safe-Server und die schon angesprochenen Monitoring-Systeme. Mittel wie die Ak­tivitäts- oder die Limitdatei allerdings erfüllen keinerlei Schutzfunktion und werfen darüber hinaus datenschutz­rechtliche Fragen auf. Aus Sicht des DOCV muss unbe­dingt sichergestellt sein, dass der Datenaustausch zwi­schen Anbieter und Aufsichtsbehörde anonymisiert abläuft und der Verbraucher jederzeit Kenntnis über die Verwendung seiner Daten hat.

Online-Glücksspielanbieter müssen auf eigene Kosten ein auf „wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhendes, auf Algorithmen basierendes automatisiertes System zur Früherkennung von glücksspielsuchtgefährdeten Spielern und von Glücksspielsucht“ einsetzen. Sehen Sie in diesem Zusammenhang eine Chance, Kritikern von Online-Glücksspiel zu zeigen, wie erfolgreich Spieler­schutz im Internet sein kann?
Absolut! Durch digitale Tools kann ein umfängli­cher Spieler- und Verbraucherschutz gewährleistet wer­den. Wie gesagt, spielt die frühzeitige Risikoerkennung hier eine zentrale Rolle. Es geht darum, Probleme zu er­kennen, noch bevor sie relevant werden. Solch ein Sys­tem erkennt zum Beispiel, ob sich die Häufigkeit der Besuche verändert hat oder die Höhe der Einsätze.

»Für Online-Casinospiele wie Roulette oder Black Jack soll es (Länder-)Monopole geben, was in der digitalen Welt natürlich absurd ist und auf wenig Verständnis beim Verbraucher stoßen wird. Wir brauchen auch hier ein Erlaubnismodell.«

Wie beurteilen Sie die spielformübergreifende Sperrda­tei?
Ganz klar: Wir begrüßen die Einführung eines bundesweiten anbieter- und spielformübergreifenden Sperrsystems! Die Fremdsperre aber sehen wir kritisch, denn sie greift in die individuellen Freiheitsrechte ein. Deshalb sollten ausschließlich die zuständigen Behör­den Fremdsperren vornehmen dürfen.

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