Start einer neuen Ära

03. Mai 2021

Ab dem 1. Juli beginnt die Ära des lizenzierten Online-Spiels. DOCV-Vizepräsident Dr. Martin Lycka informiert unter anderem zum Lizenzverfahren. Auch mittelständischen Unternehmen und Start-ups wird der Markteinsteig gelingen, ist er überzeugt.

»Der Markt und auch das Nutzerverhalten in Deutschland sind sehr vielfältig, sodass der Markteinstieg auch für mittelständische Unternehmen oder Start-ups attraktiv sein dürfte.«

Ab dem 1. Juli werden Anbieter von Online-Glücksspiel zum ersten Mal deutsche Erlaubnisse beantragen können. Welche Informationen sind schon über das Erlaubnisverfahren bekannt?
Bis zum vollstän­digen Aufbau und operativen Betrieb der Gemeinsamen Glücksspielbehör­de der Länder wird übergangs­weise das Landes­verwaltungsamt in Halle für die Er­laubnisvergabe zuständig sein. Es wird sich an den Prozessen orien­tieren, wie man sie aus dem Lizenzverfahren für die Sport­wetten kennt. Ab Mitte Mai sollen den Anbietern Testsysteme zum Download zur Verfügung gestellt werden. Mit die­sen kann dann die korrekte Umsetzung geprüft werden. Wir hoffen sehr, dass das ganze Verfahren zügig abläuft, damit die lizenzierungswilligen Unternehmen loslegen können.

»Wir hoffen sehr, dass das ganze Verfahren zügig abläuft, damit die lizenzierungswilligen Unternehmen loslegen können.«

Die neue Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder in Sachsen-Anhalt befindet sich noch im Aufbau. Welche Behörde wird für die Durchführung des Verfahrens verantwortlich sein? Welche anschließend für die Überwachung der lizenzierten Anbieter?
Das Landesverwaltungsamt in Halle ist für die Übergangszeit nicht nur zuständig für die Erlaubniserteilung, sondern auch für das Führen der Limit-Datei und für das Sperren unerlaubter Angebote. Für Maßnahmen zur Zahlungsunterbindung bleibt erstmal Niedersachsen zuständig, am 1. Juli 2022 wird dann das Landesverwaltungsamt auch diese Aufgabe übernehmen. Am 1. Januar 2023 soll dann die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, die ihren Sitz ebenfalls in Halle hat, sämtliche Aufgaben übernehmen.

Eine 5,3-prozentige Spieleinsatzsteuer bietet schlechte steuerliche Rahmenbedingungen für virtuelle Automatenspiele in Deutschland. Darüber sind sich Experten einig. Rechnen Sie vor diesem Hintergrund trotzdem mit einer regen Beteiligung am Erlaubnisverfahren?
In der Tat wird die Besteuerung einige Unternehmen von einem Markteinstieg abhalten. Die weitaus schlimmere Konsequenz allerdings wird sein, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher in den Schwarzmarkt abwandern werden, weil der das attraktivere Angebot bereithält. Das zeigt auch eine jüngst veröffentlichte Studie von Goldmedia, der zufolge sich etwa 25 Prozent des Spielgeschehens bei Anbietern abspielt, die sich nicht an die strengen Regeln des Umlaufbeschlusses der Länder halten. Sollten die aktuellen Besteuerungspläne Realität werden, könnten sie zusätzlich nochmal 31 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Schwarzmarkt treiben. Nichtsdestotrotz ist zu erwarten, dass es, wie bei der Sportwette, viele Lizenzbeantragungen geben wird. Schließlich bietet eine deutsche Lizenz weitreichende Rechtssicherheit. Aus Sicht des DOCV muss dann ein stringenter und starker Vollzug die Spreu vom Weizen trennen und die Regeln durchsetzen.

Lizenzen sind eine kostspielige Angelegenheit. Wie lautet Ihre Einschätzung: Werden sich am Ende nur die „Großen“ Erlaubnisse leisten können und den Markt unter sich aufteilen? Oder können auch Mittelständler und Start-ups partizipieren?
Der Markt und auch das Nutzerverhalten in Deutschland sind sehr vielfältig, sodass der Markteinstieg auch für mittelständische Unternehmen oder Start-ups attraktiv sein dürfte. Das Online-Glücksspiel steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen, es wird sich entwickeln und Chancen für Unternehmen bieten, die hierfür innovative Produkte entwickeln. Übrigens: Digitale und stationäre Angebote kannibalisieren sich nicht, sondern können einander im Gegenteil bereichern.

Kritiker bemängeln, dass es im lizenzierten Markt zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen wird. Denjenigen Unternehmen, die bereits im Rahmen der Übergangsregelung im deutschen Markt aktiv sind, stünden Newcomer gegenüber, die auf einen besetzen Markt treffen. Sehen Sie dieses Problem?
Das Problem ist ein anderes: Es fehlt eine Stichtagsregelung, also ein festes Datum, bis zu dem Lizenzanträge eingereicht werden müssen. Alle, die das bis zum Stichtag nicht getan haben, müssen dann ihre Angebote erstmal abschalten. Solch eine Stichtagsregelung würde nicht nur gleiche und faire Marktbedingungen gewährleisten, sondern auch einen für die Verbraucherinnen und Verbraucher transparenten und sicheren Markt schaffen. Solch eine Regelung ist nicht unüblich, in Schweden und Großbritannien ist zum Beispiel so verfahren worden.

Durch die restriktiven Regeln des GlüStV 2021 und die steuerlichen Regelungen wird der Schwarzmarkt für eine Vielzahl an Spielern nach Meinung von Experten an Attraktivität gewinnen. Was muss der Vollzug leisten, um dem gegenzusteuern?
Die Instrumente für einen effektiven Vollzug sind da: Payment Blocking, das Veröffentlichen einer White-List, Testspiele und -Käufe durch die Behörde und so weiter. Diese Instrumente müssen aber auch ausgeschöpft und konsequent gegenüber jenen Anbietern, die keinerlei Interesse an Spieler- und Verbraucherschutz haben, angewendet werden, sonst profitieren sie davon, nicht gesetzeskonform anzubieten. Bereits heute sollte sich der Vollzug auf die regulierungsunwilligen Anbieter konzentrieren. Selbstverständlich wird der effektive Vollzug gegen unlizenzierte Schwarzmarktanbieter nach der Lizenzvergabe dann nochmals wichtiger. Ohne Frage: Wenn der Vollzug nicht funktioniert, wird der Glücksspielstaatsvertrag den Praxistest nicht bestehen.

»Sollten die aktuellen Besteuerungspläne Realität werden, könnten sie zusätzlich nochmal 31 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Schwarzmarkt treiben.«

Gibt es neue Erkenntnisse darüber, wie sich die einzelnen Bundesländer in der Frage der Online-Casinospiele positionieren werden?
Bayern, Brandenburg und Sachsen haben sich für das Monopolmodell entschieden. NRW, Hessen und Schleswig-Holstein haben öffentlich bekundet, Konzessionen ausschreiben zu wollen. Viele Bundesländer wollen jedoch erstmal abwarten und haben noch keine Entscheidung getroffen. Das ist fatal und hilft nur dem Schwarzmarkt.

»Es ist zu erwarten, dass es, wie bei der Sportwette, viele Lizenzbeantragungen geben wird. Schließlich bietet eine deutsche Lizenz weitreichende Rechtssicherheit.«

Wie unterstützt der DOCV Mitglieder und Interessierte auf dem Weg zur Lizenz?
Der DOCV ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, die in den Bereichen der Entwicklung und dem Betrieb von Online-Casinos tätig sind. Sie bringen Erfahrung aus international lizenzierten Märkten mit, im DOCV kommt dieses Know-how zusammen. Davon profitieren alle. Seinen Mitgliedern bietet der DOCV umfassende Beratung in Fragen der Regulierung und demnächst zum anlaufenden Lizenzverfahren. Seit seiner Gründung 2017 sucht der DOCV das Gespräch mit Politik, Verwaltung, Medien und Gesellschaft und setzt sich für eine tragfähige und rechtssichere Regulierung von Online-Angeboten in Deutschland ein. Dabei haben wir seit jeher eine klare Agenda: Wir vertreten nur Unternehmen, die eine Schleswig-Holsteinische Lizenz oder eine EU-Lizenz haben und die auch in Deutschland regulierungswillig sind. Nun freuen sich unsere Mitglieder darauf, demnächst in Deutschland eine Lizenz beantragen zu können.

»Ohne Frage: Wenn der Vollzug nicht funktioniert, wird der Glücksspielstaatsvertrag den Praxistest nicht bestehen.«

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