Stellungnahme des DOCV zum Entwurf des Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag

20. Februar 2020

An den
Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei
des Landes Nordrhein-Westfalen
Herrn Nathanael Liminski
Horionplatz 1
40190 Düsseldorf


Entwurf eines Staatsvertrages zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag) – Verbändeanhörung


Sehr geehrter Herr Staatssekretär Liminski, sehr geehrte Damen und Herren Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien,

der Deutsche Online Casinoverband e.V. (DOCV) bedankt sich für die Gelegenheit, zu dem Entwurf für einen Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag Stellung nehmen zu dürfen.
Die Digitalisierung hat den deutschen Glücksspielmarkt grundlegend verändert. Digitale Glücksspiele sind neben den stationären Angeboten in Spielhallen, Spielbanken und Lottokiosken nicht mehr aus der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger wegzudenken. Der DOCV begrüßt daher ausdrücklich die durch die Bundesländer angestrebte Neuregulierung des Glücksspiels unter der Maßgabe, ein verantwortungsvolles und sichereres Glücksspiel im Internet zuzulassen. Aus Sicht des DOCV ist dabei insbesondere die geplante Vergabe von Erlaubnissen für virtuelle Automatenspiele zu begrüßen. Die geplante Neuorganisation der Aufsicht durch die Schaffung einer zentralen Behörde mit Fachkompetenz erfährt ebenfalls die vollste Unterstützung des DOCV.

Maßgabe für eine effektive und erfolgreiche Regulierung des digitalen Glücksspielmarktes ist die Kanalisierung des Marktes hin zu den seriösen und erlaubten Anbietern. Nur im legalen Markt können Verbraucherinnen und Verbraucher adäquat geschützt werden. Die Kanalisierung ist nur möglich, wenn das legale Angebot für die Verbraucher trotz berechtigter Schutzvorkehrungen und Einschränkungen hinreichend attraktiv ist. Der aktuelle Entwurf sieht aus Sicht des DOCV allerdings eine Vielzahl von Restriktionen des legalen Angebots vor, die in ihrer Gesamtschau die Gefahr bergen, dass die Verbraucher im illegalen Markt verweilen. In dieser Stellungnahme konzentrieren wir uns explizit auf jene Vorgaben, die aus Sicht des DOCV eine erfolgreiche Kanalisierung besonders gefährden.

Als Zusammenschluss der führenden, in der EU lizenzierten Unternehmen, die in den Bereichen der Entwicklung und dem Betrieb von Online Casinos tätig sind, verfügt der DOCV über umfangreiche technische Expertise und Erfahrung mit regulatorischen Vorgaben in anderen EU-Ländern. In unserer Stellungnahme werden wir den vorliegenden Entwurf insbesondere dahin gehend bewerten,
(1) inwieweit die beabsichtigten Regelungen und Vorgaben technisch sowie praktisch umsetzbar sind und
(2) ob eine marktkonforme und von Spielerinnen und Spielern akzeptierte Regulierung zugunsten eines hohen Verbraucherschutzniveaus sichergestellt wird.

Daran anknüpfend werden wir Handlungsalternativen aufzeigen, die bei gleichbleibendem Schutzniveau eine bessere Kanalisierung des Marktes gewährleisten.

Zu den Anmerkungen im Einzelnen:

Allgemeine Bestimmungen zur Erlaubniserteilung (§ 4)

§ 4 Absatz 4 des Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag sieht derzeit nicht vor, dass die Vermittlung von Online-Casinospielen, virtuellen Automatenspielen und Online Poker erlaubnisfähig ist. Insbesondere die Vermittlung von Online-Casinospielen an die Konzessionsinhaber wäre im Hinblick auf die fehlenden Erfahrungswerte dieses Angebotes angemessen. Darüber hinaus ist kein sachlicher Grund zu erkennen, weshalb eine Vermittlung ausgeschlossen sein sollte. Vor diesem Hintergrund regt der DOCV an, die Möglichkeit der Vermittlung von Online-Casinospielen, virtuellen Automatenspielen und Online Poker in das Erlaubnismodell aufzunehmen, wie es auch bei Lotterien und Sportwetten der Fall ist.

Die Streichung des grundsätzlichen Verlinkungsverbotes verschiedener erlaubter Glücksspiele im Internet in § 4 Absatz 5 Nr. 5 begrüßt der DOCV ausdrücklich. Hierdurch kann für die Verbraucher bei einem Veranstalter, der über die entsprechenden Erlaubnisse verfügt und damit in den entsprechenden Erlaubnisverfahren seine Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit nachgewiesen hat, ein sicherer Raum für digitale Glücksspiele geschaffen werden.

Einige der im Entwurf enthaltenen Regelungen, die dem Verbraucher- und Spielerschutz dienen sollen, sind aus Sicht des DOCV nicht sachgerecht und laufen diesen Zielen mitunter sogar zuwider. Dies betrifft insbesondere die Einführung von Unterkonten für die Spielformen und die Wartezeit beim Wechsel der Spielform:

  • Wartezeit beim Wechsel der Spielform: Nach dem Entwurf soll jedem Verbraucher beim Wechsel der Spielform für eine Minute die Teilnahme am Spiel verweigert werden. Während dieser Frist sollen allgemeine Hinweise eingeblendet werden. Viel geeigneter wäre aus Sicht des DOCV eine Regelung, die auf einen reinen Zeitablauf verzichtet und stattdessen auf einer aktiven Bestätigung des Verbrauchers basiert. Anstatt allgemeiner Hinweise sollten für jeden Verbraucher ausschließlich die für ihn tatsächlich relevante Informationen angezeigt werden. Dies könnte etwa derart gestaltet werden, dass Verbrauchern beim Wechsel der Spielform eingeblendet wird, welche Beträge in der aktuellen Spielsitzung in der Spielform eingesetzt, gewonnen oder verloren wurden und wie lange das Spiel bereits gedauert hat. Diese Anzeige müsste der Verbraucher aktiv bestätigen, um in der nächsten Spielform am Spiel teilnehmen zu können.
  • Einrichtung von Unterkonten je Spielform: Im Entwurf ist vorgesehen, dass für die unterschiedlichen Spielformen bei einem Anbieter Unterkonten eingerichtet werden müssen, von denen zwar von einem Konto auf das andere umgebucht werden kann, jedoch Wartezeiten von einer Stunde für die Verwendung dieser Gelder einzuhalten sind. Aus Sicht des DOCV ist diese Regelung für den Verbraucher vollkommen intransparent und kaum zu verstehen. Der Kunde wird sich zu Recht fragen, wo denn nun genau seine Gelder sind, wieso er keinen Zugriff auf diese hat und weshalb er nun eine Stunde auf deren Verwendung warten soll. Sofern für die umgebuchten Gelder diese Wartezeiten gelten, wird er vermutlich stattdessen eine Neueinzahlung vornehmen, da dort keine Wartezeiten zu beachten sind. So zahlt er insgesamt mehr Geld ein, als er ursprünglich gemusst hätte, was sicherlich nicht im Sinne des Spielerschutzes ist.


Der DOCV regt an, auf die Führung der Unterkonten gänzlich zu verzichten und statt zeitbasierter Wartezeiten beim Wechsel der Spielform, ebenfalls ein aktives Bestätigungssystem durch den Verbraucher zu implementieren.

Werbung (§ 5)

Um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, bedarf es ausreichender Werbemöglichkeiten. Schließlich können Verbraucher nur mit dem Hinweis auf legale Angebote zwischen legalen und nicht legalen Angeboten differenzieren. Deshalb ist es zunächst grundsätzlich zu begrüßen, dass mit der Erteilung der Erlaubnisse für die Veranstaltung von Online Glücksspielen auch die entsprechende Werbung möglich ist.

Die in den Absätzen enthaltenen Regelungen zur Eingrenzung der Werbung sind aber mitunter problematisch und praktisch nicht umsetzbar. Deshalb regt der DOCV die folgenden Änderungen an:

  • Absatz 3: Innerhalb des digitalen Raums ist eine Sperrzeit für Werbung weder sinnvoll noch praktisch umsetzbar. Es stellt sich hier die Frage, inwiefern sich Werbung auf Internetplattformen zeitgesteuert abschalten lässt. Dies ist bei der Schaltung von Bannern und ähnlichen Werbeformen noch realisierbar, während dies bei Werbungen auf Social-Media-Seiten gänzlich unmöglich ist. Der um 22.30 Uhr gemachte Eintrag bei Twitter und Co. ist auch um 7:00 Uhr am nächsten Morgen noch abrufbar. Wir regen deshalb an, eventuelle Sperrzeiten nicht auf das Internet zu erstrecken.
  • Absatz 6: Affiliate-Seiten und Webseiten mit Live-Zwischenständen von Sportereignissen unterliegen den strengen Werberegelungen dieses Entwurfes. Ein Ausschluss bestimmter Vertragsgestaltungsmöglichkeiten und Platzierungsmöglichkeiten von Werbung auf den Webseiten stellt einen schweren Eingriff in das Recht der freien Vertragsgestaltung dar, ohne dass dies den Zielen des Staatsvertrages dient. Der DOCV regt an, diese Regelungen zu streichen.

Möglichkeit des vorläufigen Spiels (§ 6a)

Die Möglichkeit eines „vorläufigen Spiels” im Online-Glücksspiel ist für die Kanalisierung notwendig und wichtig. Das in § 6a Abs. 4 normierte Einsatzlimit innerhalb der ersten 72 Stunden vor Abschluss der vollständigen Registrierung sollte sich jedoch – analog zur Selbstlimitierung – an der Einzahlung und nicht am Einsatz bemessen. Dies ist gleichermaßen wirksam, jedoch aus Sicht der Anbieter und der Behörden, z.B. über die Safe-Server oder die Limitdatei, einfacher zu überwachen.

Limitsystem (§ 6c)

Limitsysteme finden sich in vielen Regulierungsrahmen und haben sich dort auch bewährt. Dabei werden die Verbraucher typischerweise bei Erstregistrierung verpflichtet, ein individuelles monatliches Einzahlungslimit für einen Anbieter festzulegen. Das Einzahlungslimit bildet dabei den maximal möglichen Verlust des Verbrauchers ab. Entgegen dieser gängigen Praxis soll in Deutschland ein anbieterübergreifendes Limitsystem mit einem maximalen Standardlimit von 1.000 Euro eingeführt werden. Dies bedingt notwendigerweise die Schaffung einer zentralen Datenbanktechnologie mit den verbundenen technischen Risiken.

Eine flexible Limitgestaltung ist für einen attraktiven legalen Markt unerlässlich. Ein unflexibles Limitsystem für nachweislich leistungsfähige Spieler greift gravierend in die Konsumentensouveränität ein und führt zu Ausweichbewegungen in den Schwarzmarkt. Es ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen, dass von dem Standardlimit abgewichen werden kann. Die Regelungen des aktuellen Entwurfs hierzu weisen jedoch einige praktische Probleme auf:

  • Die Flexibilisierung des Limitsystems nach § 6c soll für einzelne Spielformen möglicherweise erst im Jahr 2023 möglich sein (vgl. Artikel 2 § 17a Absatz 6). Hierdurch müsste das eigentlich spielformübergreifende einheitliche Limitsystem für diese Zeit aufgespalten werden. Zweifelhaft ist zudem, ob die Regelung der späteren Flexibilisierung nicht im Widerspruch zur Regelungssystematik der Kompetenzzuweisung steht. Bezugnehmend auf andere erlaubnisfähige Glücksspiele werden die Kompetenzen für einen gewissen (Übergangs-)Zeitraum auf unterschiedliche Bundesländer verteilt, demzufolge muss dies auch bei der Flexibilisierung des Limitsystems möglich sein. Sobald die Erlaubnisfähigkeit für öffentliche Glücksspiele im Internet nach dem GlüNeuRStV besteht, muss demzufolge auch die Flexibilisierung des Limits für alle Spielformen möglich sein.
  • Darüber hinaus sieht § 6 c Absatz 3 vor, dass eine Limiterhöhung erst nach sieben Tagen wirksam wird. Hier besteht aus Sicht des DOCV die große Gefahr, dass der Verbraucher innerhalb dieser Wartezeit in den illegalen Markt abwandert. Es wäre demnach ratsam, die derzeitige Regelung aus Schleswig-Holstein zu übernehmen, die eine Frist von 24 Stunden vorsieht, zumal sich diese Frist dort bereits bewährt hat.

Der DOCV empfiehlt deshalb ausdrücklich, mit Inkrafttreten des GlüNeuRStV auch die Flexibilität der Limitgestaltung für alle Spielformen unmittelbar zu ermöglichen.

Verhinderung des parallelen Spiels (§ 6h)

Der derzeitige Entwurf sieht in § 6h die sogenannte „Verhinderung des parallelen Spiels“ vor. Dies soll mittels einer komplexen Datenbanktechnologie überwacht werden. Die notwendigerweise als Echtzeitsystem ausgestaltete Datenbank wird im Entwurf dann künstlich „verlangsamt“, indem Wartezeiten von mindestens 5 Minuten eingeführt werden, bis der Verbraucher von einem lizenzierten Anbieter zu einem weiteren lizenzierten Anbieter wechseln und dort an Glücksspielen teilnehmen kann.

Der DOCV sieht mehrere praktische Probleme eines derartigen Systems:

  • Die künstliche Wartezeit von fünf Minuten ist nicht zu rechtfertigen und willkürlich. Sie leistet keinen Beitrag zur Erreichung der Ziele des GlüNeuRStV und ist für den Verbraucher nicht transparent und verständlich.
  • Sie führt zu einer Benachteiligung von erlaubten Anbietern mit nur einem Produktangebot und birgt die Gefahr, dass der Verbraucher die Wartezeit abbricht und auf nicht-legale Angebote ausweicht.
  • Die Häufigkeit der Datenbankabfragen wäre in diesem System um ein Vielfaches höher als in weiteren Systemen wie beispielsweise der Sperrdatenbank oder der Limitdatei. Die Häufigkeit der Abfragen wird durch die künstliche Wartezeit sogar noch erhöht, da die Verbraucher ständig versuchen werden, sich selbst wieder aktiv zu schalten.
  • Ein Ausfall oder eine Nichterreichbarkeit der zentralen Datei ist in Spitzenlastzeiten aus Sicht des DOCV erwartbar, was zum Stillstand des gesamten erlaubten Markts über alle Glücksspielangebote führen würde.

Mit hohem technischem Aufwand und den damit verbundenen Kosten und technischen Risiken soll aus Sicht des DOCV ein Problem gelöst werden, das in der Praxis überhaupt nicht existiert und das auch keinen zusätzlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele des GlüNeuRStV leistet. Der DOCV regt an, auf ein derartiges System gänzlich zu verzichten bzw. es zumindest so auszugestalten, dass es der Kanalisierung in den erlaubten Markt nicht abträglich ist. Dies würde bedeuten, auf künstliche Wartezeiten oder ähnliche Regelungen zu verzichten.

Sperrdatei (§§ 8, 8a)

Im Sinne der strikten Einhaltung des Spielerschutzes begrüßt der DOCV ausdrücklich die Schaffung eines zentralen spielformübergreifenden Sperrsystems. Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass durch die Regelung in § 8 Absatz 3 unnötiger Verwaltungs- und somit auch Datenlast-Mehraufwand geschaffen wird, in dem eine Abfrage der Sperrdatei jedes Mal bei Aktivschaltung des Kunden zu erfolgen hat. Um die Datenlast auf dieses System nicht unnötig zu erhöhen, regt der DOCV an, die Abfrage der Sperrdatenbank – wie es im terrestrischen Bereich auch vorgesehen ist – vor der ersten Teilnahme am Spiel eines Kalendertages bei einem Anbieter zu begrenzen.

Die Fremdsperre gemäß § 8a Absatz 1 greift in individuelle Freiheitsrechte ein und ist demnach verfassungsrechtlich ein höchst sensibler Vorgang. An eine Quasi-Entmündigung und die Einschränkung der individuellen Geschäftsfähigkeit des Verbrauchers sind höchste rechtliche Anforderungen zu stellen. Deshalb sollte ausschließlich die zuständige Behörde Fremdsperren vornehmen dürfen, keinesfalls Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen direkt. Der DOCV regt daher an, die Regelung dahingehend zu ändern, dass Fremdsperren durch Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen sowie durch Dritte ausschließlich bei der zuständigen Behörde beantragt werden können, die dann das entsprechende Verfahren weiterführt.

Virtuelle Automatenspiele (§ 22a)

Der Staatsvertrag in seiner jetzigen Entwurfsfassung ist an einigen Stellen kein regulatorisches Rahmenwerk mehr, sondern determiniert in vielen Bereichen sehr detailliert die zukünftigen Rahmenbedingungen der Spielteilnahme bzw. das Spiel selbst. Dies ist in einem höchst dynamischen Markt wie dem (Online‐) Glücksspiel äußerst problematisch und führt zwangsläufig zur „nicht Passung“ in kurzer Frist. Durch die Detailregelungen wird der Handlungsspielraum der zukünftigen Fachbehörde zudem wesentlich eingeschränkt, so dass die Behörde die laufende Marktregulierung kaum in Richtung der Ziele des Staatsvertrages – eine höhere Kanalisierung auf der einen Seite und stärken Jugend‐, Spieler‐ und Verbraucherschutz auf der anderen Seite – beeinflussen und lenken kann.

Dieses Manko trifft insbesondere auf die sehr detaillierten Regelungen des Entwurfs im Bereich der virtuellen Automatenspiele zu. Der DOCV regt an, diese detaillierten Regelungen im Wesentlichen der zukünftigen Behörde zu überlassen und im Entwurf nur eine Anspruchsgrundlage für diese zu schaffen. Dies ist im aktuellen Entwurf auch für den Bereich des Online-Pokers oder den Bereich der Online-Casinospiele vorgesehen, so dass nicht ersichtlich ist, warum bei dieser Spielform anders vorgegangen werden soll.

Der DOCV regt zudem an, willkürliche Aus- oder Begrenzungen, die keinem der Ziele des Staatsvertrages dienen, zu streichen. So entbehrt beispielsweise das Verbot der Verwendung der Begriffe „Casino“ oder „Casinospiele“ jeder sachlichen Grundlage und entspricht auch nicht der Lebenswirklichkeit der Verbraucher. Natürlich werden diese Spiele seitens der Verbraucher als Casinospiele verstanden. Gleiches gilt für das Verbot von virtuellen Automatenspielen, die bspw. Online-Casinospiele nachbilden. Nur durch das Aufgreifen des gleichen Themas ändert sich die Natur der Spiele als virtuelles Automatenspiel nicht.

Online Casinospiele (§ 22c)

Für Online-Casinospiele gemäß § 22c sieht der Entwurf derzeit ein restriktives Konzessionsmodell statt eines Erlaubnismodells vor. Aufgrund der übergreifenden, im Regulierungsrahmen implementierten und auch für diese Spielform verbindlichen Verbraucher- und Spielerschutzsysteme besteht allerdings keine sachliche Notwendigkeit dafür, diese Spielform anders zu regeln als in einem Erlaubnismodell. Auch die Erlaubnisvoraussetzungen an die potentiellen Erlaubnisinhaber sind die Gleichen, so dass auch dies eindeutig dafürspricht, diese Spielform analog zu den anderen zu regeln.

Das derzeit im Entwurf vorgesehene Modell ist aus Sicht des DOCV mit erheblichen praktischen und rechtlichen Problemen behaftet:

  • Aufgrund der Regelungssystematik kann selbst dann kein einheitlicher Markt in Deutschland entstehen, wenn die Länder dies später so vorsehen wollten. Die beiden Modelle nach § 22c Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2 sind auf Dauer unvereinbar, das Internet müsste an diesen künstlichen Grenzen haltmachen. Warum dies in der digitalen Welt so sein soll, ließe sich den Verbrauchern aus Sicht des DOCV nicht erklären.
  • Eine Mischform aus monopolistischer Veranstaltung in einigen Ländern und privatwirtschaftlicher Veranstaltung in anderen Ländern wird nur sehr schwer (rechtlich) begründbar sein, wobei insbesondere die Notwendigkeit der staatlichen Veranstaltung dann zu rechtfertigen sein wird. Während die Begrenzung der Anzahl der Konzessionen und Standorte im stationären Bereich zur Begrenzung der Spielleidenschaft insgesamt noch zielführend und eventuell notwendig und dementsprechend begründbar ist, ist dies in der digitalen Welt nicht der Fall. Hier muss (und soll) die Begrenzung über die im Regulierungsrahmen vorgesehenen Maßnahmen wie bspw. der Limitdatei erfolgen.
  • Keiner der nach Nr. 1 möglichen Unternehmen besitzt Erfahrungen im Bereich der Veranstaltung und des Vertriebs von Online-Casinospielen. Diese Erfahrung aufzubauen, ist ein langwieriger und schwieriger Prozess, so dass eine erfolgreiche Kanalisierung in dieser Zeit nicht oder nahezu nicht gewährleistet wäre.
  • Die begrenzten Konzessionen nach Nr. 2 müssten in einem entsprechenden diskriminierungsfreien Verfahren ausgeschrieben werden. Wie im Sportwetten-Vergabeverfahren aus dem Jahr 2012 ist zu erwarten, dass es mehr Bewerber als Konzessionen geben würde. Dies hätte notwendigerweise ein Auswahlverfahren zur Konsequenz, welches grundsätzlich nur sehr schwer und aufwendig zu gestalten wäre. Das damalige Sportwettvergabeverfahren ist hieran bekanntlich gescheitert.

Alle diese Argumente sprechen dafür, auch für Online-Casinospiele ein Erlaubnismodell vorzusehen bzw. das jetzt vorgeschlagene Modell unter den genannten Aspekten noch einmal zu überarbeiten. Dies regt der DOCV ausdrücklich an.

Es wäre aus Sicht des DOCV grundsätzlich nachvollziehbar, wenn das spieltechnische Equipment, welches für die Ermittlung des Zufalls und die Übertragung ins Internet notwendig ist, im Hoheitsgebiet der Länder in entsprechend kontrollierten und sicheren Orten (bspw. den Spielbanken) aufgestellt und betrieben werden müsste. Eine solche Regelung fehlt gänzlich im Entwurf, was die Kontrollierbarkeit des Live-Spiels durch deutsche Behörden wesentlich erschweren wird. Sofern diese Regelung noch im Vertragswerk vorgesehen werden soll, regt der DOCV allerdings an, die Vermittlung dieser Produkte – wie bereits zu § 4 Absatz 4 angemerkt – zuzulassen, so dass die Teilnahme an diesen Online-Casinospielen auch auf Seiten von Glücksspielanbietern möglich wäre, die diese Spiele nicht selbst veranstalten können oder wollen.

Übergangsregelungen (Artikel 2 § 17)

Bei der Auflistung der behördlichen Zuständigkeiten für verschiedene Teilaspekte der Glücksspielregulierung in der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2022 fehlt im Entwurf die Benennung temporär zuständiger Behörden für virtuelle Automatenspiele gemäß Art. 1 § 22a und Online-Poker gemäß § 22b. Um sicherzustellen, dass zeitnah nach Inkrafttreten des GlüNeuRStV entsprechende Erlaubnisse vergeben werden können, sind diese Zuständigkeiten vorzusehen.

Im Sinne der Kanalisierung der Kundennachfrage in den regulierten Markt ist auch in der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2022 für virtuelle Automatenspiele die Möglichkeit der Festsetzung eines abweichenden Höchstbetrages für das Einzahlungslimit gemäß § 6a Abs. 1 sowie der Anpassung des Höchsteinsatzes je Spiel gemäß § 22a durch behördliche Erlaubnis einzuräumen. Andernfalls drohen zwischen dem 1. Juli 2021 und dem 31. Dezember 2022 eklatante Verdrängungseffekte in unregulierte Angebote, deren Folgen sich ab dem 1. Januar 2023 nur schwer korrigieren ließen. Hierfür ist eine zuständige Behörde für die Übergangsperiode zu benennen und mit entsprechenden gesetzlichen Kompetenzen auszustatten.

Fazit

Der DOCV begrüßt ausdrücklich die Bestrebung der Bundesländer, den digitalen Glücksspielmarkt neu zu regulieren und ein erlaubtes und kontrolliertes Online-Glücksspielangebot zu schaffen. Wirkungsvoller Verbraucherschutz lässt sich im digitalen Markt nur garantieren, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher im erlaubten und überwachten Markt spielen. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kanalisierung der Verbrauchernachfrage in den erlaubten Markt ist dabei die hinreichende Attraktivität eben dieses erlaubten Marktes.

Zum Schutz der erlaubten Anbieter ließen sich dann weitere Vollzugsmaßnahmen etablieren, die helfen können, den Schwarzmarkt noch weiter zurückzudrängen und die sich in anderen europäischen Mitgliedsstaaten schon bewährt haben. So hat sich in anderen europäischen Regelungsregimen für den Vollzug gegen illegale Anbieter eine Maßnahme als besonders effektiv erwiesen, die im GlüNeuRStV derzeit nicht vorgesehen ist: Dabei werden alle Hersteller und Lieferanten von wesentlichen spieltechnischen Komponenten (Plattformen, Spielinhalten etc.) direkt (bspw. durch die Notwendigkeit der Beantragung sog. Herstellererlaubnisse) oder indirekt (bspw. durch eine Verpflichtungserklärung im Rahmen des Erlaubnisverfahrens der Veranstalter) dazu verpflichtet, im betreffenden Markt die für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen wesentlichen Komponenten nur und ausschließlich an erlaubte Anbieter zu liefern. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist im Markt einfach zu beobachten und könnte deshalb sowohl bei den Lieferanten als auch bei den erlaubten Veranstaltern unmittelbar geahndet werden. Dies führt dazu, dass die nicht regulierungswilligen Anbieter über keine oder nur sehr begrenzte Komponenten und Spiele für die Veranstaltung illegaler Angebote verfügen würden.

Der vorliegende Entwurf eines Staatsvertrages zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland enthält grundsätzlich viele Anlagen für einen funktionierenden Markt. Einige Vorgaben und Restriktionen bergen jedoch das Risiko, durch ihre kumulierte Wirkung die Attraktivität des erlaubten Marktes erheblich zu schmälern und so eine erfolgreiche Kanalisierung der Verbrauchernachfrage zu gefährden.

Wir haben uns in unserer Stellungnahme darauf konzentriert, diese entscheidenden Stellschrauben zu identifizieren und aus Sicht des DOCV geeignete (technische) Alternativregelungen vorzuschlagen, die bei gleichbleibender Schutzwirkung einen attraktiveren erlaubten Markt gewährleisten.

Im Sinne einer erfolgreichen und internetgerechten Neuregulierung sind wir für eine entsprechende Beratung über die Änderungsvorschläge dankbar und bedanken uns nochmals für die Möglichkeit der Stellungnahme. Gerne möchten wir unsere Anregungen im Rahmen der mündlichen Anhörung erläutern und stehen für die weitere Diskussion jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dirk Quermann
Präsident des Deutschen Online Casinoverbands e. V.